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25 | Schlumpfine gegen die Pickelmonster

17 Kommentare

Als ich damals meinen ersten Pickel bekam, war ich nicht sonderlich begeistert.
Aber ich dachte, Pickel gehören in der Pubertät eben zum Erwachsen-Werden dazu, wie Tampon-Produkttests, Übungsknutschen mit der besten Freundin und ein Lorenzo-Lamas-Poster über dem Bett.

Mittlerweile sind sehr viele, sehr lange Jahre ins Land gegangen und ich kämpfe immer noch mit Pickeln. Dabei hatte ich mich im Alter von elf Jahren doch nur auf diese ganze Sache eingelassen, weil ich der festen Überzeugung war, das Erreichen der Volljährigkeit wäre ein Garant für strahlend schöne Haut. Und nun das!

Es ist ja schon etwas peinlich, in meinem Alter im Drogerie-Markt von quietschbunten Pickel-Produkten geduzt zu werden. Leider sehe ich nicht alt genug aus, um wenigstens behaupten zu können, ich hätte selbst bereits Kinder im pubertierfähigen Alter.

Immerhin gibt es mittlerweile eine ganze Produktsparte, die sich speziell an unreine „reife“ Haut richtet. Artikel mit selbstbewusstseins-vorgaukelnden Aufdrucken wie „Reine Haut ab 20“.
Die Präposition „ab“ stufe ich hierbei jedoch eher als beängstigend ein: Dieses Wort suggeriert, dass alterstechnisch noch sehr viel Luft nach oben ist!

So stand ich letztens im Badezimmer, in der Hand mal wieder ein Produkt haltend, welches mich mit „Willst auch du reine Haut haben?“ in seine Fänge gelockt hatte, während ich eingehend die weiteren Instruktionen studierte.

Generell bestehen alle Pickel-Produkte aus drei Komponenten:
Eine Waschlotion, mit der man sich die Haut gründlich vom Gesicht schrubbt (da bekommt der Begriff „porentief“ mal wieder eine ganz neue Bedeutung…). Ein Gesichtswasser, mit dem man, auf einem Wattepad aufgetragen, die noch verbliebenen Hautreste vom Gesicht herunterätzt. Und eine Creme, die anschließend die offen Wunden heilen soll.

Das neue verheißhungsvolle Wunder aus dem Drogerie-Markt war radioaktiv-blau. Und zwar nicht nur die Verpackung, sondern auch sein Inhalt.
Schon beim Auftragen der Waschlotion fragte ich mich, wieso dieses Zeug eigentlich immer eine Konsistenz von Spachtelmasse haben muss. Als mein Gesicht dann auch noch anfing zu prickeln und eiskalt wurde, trat bei mir langsam erste Panik ein.
Wäre ich eine Figur in einem Werbespot, hätte ich vermutlich mit einer total unnatürlichen Wellenbewegung einen kleinen Schwall Wasser durch mein Gesicht gewischt, mit aufgesetztem Lächeln in die Kamera geschaut und so etwas gesagt wie „Refreshing!“ (Bei Werbespots zu Pickel-Produkten frage ich mich immer, wer eigentlich zuerst Make-up auflegt und dann eine Pickel-Waschlotion benutzt. Jaja, die schnöde Werbe-Welt…)
Mittlerweile fühlte sich mein Gesicht jedoch gar nicht mehr „resfreshed“ an, sondern eher, als hätte mir jemand zehn Minuten lang Vereisungsspray entgegengesprüht.
Sollte das jetzt das Zeichen sein, dass das Produkt wirkte?

Nachdem ich die Waschlotion mit einem Wasservorrat in der Größe des Mittelmeers abgewaschen hatte (oder sollte ich besser sagen: runtergekratzt), war das Gesichtswasser dran. Mir stieg schon beim Öffnen des Fläschchens ein scharfer Geruch in die Nase. In Gedanken hörte ich die Stimme meiner ehemaligen Chemie-Lehrerin: „Wenn ihr eine unbekannte Flüssigkeit vor euch habt, immer mit der Hand den Geruch zu eurer Nase wedeln. Niemals die Nase direkt drüberhalten. Denn im schlimmsten Fall verätzt ihr euch die Schleimhäute!“
Ich hatte noch nicht einmal gewedelt und mir tränten bereits die Augen von den aus der Flasche aufsteigenden Dämpfen. Und dieses Zeug sollte ich nun auf meine Gesichtshaut auftragen!
Nunja, die gute Nachricht: Da meine Haut durch die Waschlotion bereits komplett vereist war, spürte ich das Flammenwerfer-ähnliche Brennen des Gesichtswassers kaum noch…

Im Anschluss dann noch die Creme auftragen, die natürlich ebenfalls blau war.
Nachdem ich mich von oben bis unten mit der Creme vollgeschlumpft hatte, las ich auf der Tube: „Dermatologisch getestet“. Nach einem kurzen Blick in den Spiegel konnte ich nicht umhin mir zu denken ‚Aber sicherlich nicht an Menschen…‘
Hätte man dieses Produkt jemals einem echten pickeligen Teenager gegeben, hätte sich der Produkt-Erfinder wohl eine Reaktion anhören müssen wie: „Boah, krass Alta! Voll der Gesichtsbrand, ey! Geht gar nich, Mann, geht gar nich! So scheiße, wie das Zeug riecht, kocht ja nich ma deine Mudda!“
Nach kurzer Überprüfung der drei Produkt-Komponenten fand ich es übrigens gar nicht vertrauenserweckend, dass das Label „Dermatologisch getestet“ nur auf der Creme, nicht aber auf der Waschlotion oder dem Gesichtswasser zu finden war…
Und wo wir gerade bei nicht vertrauenserregenden Label-Aufschriften sind: Wieso muss ich eine 24-Stunden-Feuchtigkeits-Creme eigentlich ZWEIMAL am Tag auftragen?

Aber immerhin linderte die Creme den Gefrierbrand im Gesicht, sodass ich zur Arbeit aufbrechen konnte.
Dort angekommen wurde ich dann auch gleich freudig begrüßt mit „Geil, blaue Punkte! Wenn ich die anfasse, kann ich mir dann was wünschen?“
Nachdem ich allen Kollegen glaubhaft versichert hatte, dass ich mich nicht über Nacht in das Sams verwandelt hatte, war ich dann aber doch soweit, lieber als Pickel-sprießender Streuselkuchen rumzulaufen, als all das nochmal mitzumachen.

Ich freue mich schon auf den Tag, an dem ich nahtlos von Pickel-Produkten auf Anti-Aging-Artikel umsteigen kann…

Autor: roerainrunner

https://roerainrunner.wordpress.com

17 Kommentare zu “25 | Schlumpfine gegen die Pickelmonster

  1. Ich selbst habe gute Erfahrung mit Joghurt gemacht. Einfach jeden Tag einen Becher voll essen,(am besten Naturjoghurt mit frischen Früchten) dann wird die Haut zusehend reiner. Allerdings werden die Pickel in den ersten Tagen mehr, aber danach sieht es super aus. Kann ich nur empfehlen.

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  2. Meine Pickel sind inzwischen in Pension gegangen. Ich hatte früher schwere Akne und weiß heute erst am besten, wie man mit Pickeln umgeht.
    Weil ich immer den Humor spielen lassen muss, hab ich mal den Spruch losgelassen:
    `Ist mein Pickel dick, bin ich gar nicht schick´. Außerdem fragst du:
    „Wieso muss ich eine 24-Stunden-Feuchtigkeits-Creme eigentlich ZWEIMAL am Tag auftragen?“, weil es umgekehrt viel schlimmer wäre ;-), man darf seine Pickel schließlich nicht überfüttern.
    LG
    PJP

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  3. Und Du meinst, Anti-Aging-Produkte brennen nicht wie der Vorhof zur Hölle? Ich stelle mir gerade vor, daß die Haut dann ja zum Jünger-Aussehen… halt, jünger aussehen, denn wer will schon wie ein Jünger aussehen… ich schweife ab, jedenfalls wird die Haut zur „ätsch, ich bin gar keine 63 Jahre alt“ – Illusion >gezwungen<. Ich glaube, ich trage lieber schmerzfrei Falten, habe ich gerade beschlossen!

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  4. Ja, ja, ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, dass Pickelmittelchen nur so lange (optisch) gegen Pickel helfen wie man sie im Gesicht lässt. Wäscht man die Wundermittel (und die weggeätzte Haut) dann runter, wird man wieder von der Kraterlandschaft angestrahlt, nur ist alles noch ein bisschen roter und entzündeter….

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    • Rein wirtschaftlich betrachtet wäre es für die Pickel-Produkt-Industrie auch gar nicht gut, wenn sie ein „Heilmittel“ erfänden: Man würde es nur einmal benutzen und gut wäre. So aber geben wir schön fleißig weiter Geld aus…

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