Roe Rainrunner

Rainrunning at its finest

79 | Google me

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„Digitaler Höhlenmensch“
Diese Bezeichnung fiel, als ich mal wieder mein geliebtes Senioren-Handy mit dem Logo in Form eines Pokemon-Balles in die Höhe hielt. Alternativ spricht mein Freundeskreis von „i(n)Toleranz“ und bewirft mich dabei kichernd mit Äpfeln…
Ich lasse mich davon wie gewohnt nicht beirren. Wie sagte meine Mutter zu mir, als ich Anfang der 90er Jahre einen Gameboy wollte? „Weißte Kind, man muss auch nicht jeden blöden Trend mitmachen.“ Soviel zu: Werd nie wie deine Mutter…

„Aber was machst du zum Beispiel, wenn du an einem dir unbekannten Ort bist?“ – „Wie soll ich denn dahingekommen sein?“ – „Na, nehmen wir mal an, du gehst zu einem Bewerbungsgespräch.“ – „Dann weiß ich das aber doch vorher und kann das planen.“
Diese technologischen Krüppel, tz tz tz. Wenn die sich von ihrem Smartphone nicht an alles erinnern lassen würden, würden sie sogar das Kacken vergessen.

Ich kenne immerhin drei Arten der Wegfindung: Mainstream-Maps, analoges Maps und manuelles Maps.

Mainstream-Maps ist das euch allen vermutlich bekannte Google-Maps: Man steht in der Pampa, zückt sein Smartphone, startet Google-Maps, welches einen dank totaler Überwachung sofort als roten Punkt auf der digitalen Karte anzeigt und gibt dann einfach den gewünschten Zielpunkt im Routenplaner an.
Dieses Maps ist mir gänzlich verwehrt, da ich nicht mit einem Desktop-PC auf dem Rücken durch die Walachei robbe. Davon abgesehen ist das Netzwerkkabel dafür auch gar nicht lang genug.

Analoges Maps funktioniert wie folgt: Man muss irgendwo hin, wo man noch nie zuvor war, weiß das aber vorher. Also tippt man die noch unbekannte Adresse am PC in Google-Maps ein, lässt sich das Ergebnis anzeigen, macht einen Screenshot von der Ansicht und druckt diesen auf ein DIN-A4-Blatt aus. Dieses wiederum steckt man in die Hosentasche und bei Bedarf sucht man sich mithilfe des Ausdrucks seinen Weg.
Funktioniert auch bei größeren unbekannten Arenalen, man muss nur die unterschiedlichen Screenshot-Ausdrucke an der richtigen Straße mit Tesafilm zusammenkleben. Ähnlich wie man im Bad bunte Fliesen immer Muster an Muster legt…

Manuelles Maps ist die flexibelste und technologisch höchst entwickelste Form der individuellen Kartensuche: Ich stehe spontan (vollkommen entgegen obiger Aussage) irgendwo im Nirgendwo. Nach Erreichen eines gewissen Verzweiflungsgrades zücke ich meinen Poke-Ball, klicke mich durch das Telefon-Menü und wähle eine bestimmte Nummer. Dann spreche ich deutlich in das Handy: „Start: Julius-Damm-Straße Ecke Sibusweg! Ziel: Grüne Au 4!“ Danach ist es in der Regel erstmal kurz still. Man muss halt warten, bis die Anfrage verarbeitet wird.
Im Anschluss hört man eine männlich klingende Stimme: „Boah, Roe, das ist doch nicht dein Ernst, oder? Du stehst schon wieder am Arsch der Welt und weißt nicht wie du heimkommst?!“ – „Ich hab mich verlaufen und werde hier draußen sterben!!“ – „Quatsch, ich höre im Hintergrund eindeutig Straßenverkehr. Ruf dir ein Taxi!“ – „Dafür müsste ich erstmal die Nummer herausfinden können. Los, gib die Straße in Google-Maps ein!“
Es erklingen diverse Flüche und Verwünschungen, während Andreas auf seiner Tastatur tippelnd meinem Eingabe-Befehl nachkommt. „Mein Gott, wo bist du denn da bitte wieder gelandet?! Also du gehst jetzt erstmal links Richtung Sagenaht-Weg und nach 300 Metern biegst du rechts in die Ligastraße ein. Dort gibt es eine Trambahn-Haltestelle. Moment, ich checke die Website der Verkehrsgesellschaft…“ Ist das nicht toll? Manuelles Maps hat eine direkte Schnittstelle zu den öffentlichen Verkehrsmitteln, super praktisch!
„In der Ligastraße steigst du in die Tram 60 ein und fährst bis Haltestelle ‚Suhrenstraße‘. Danach umsteigen in Tram 48 und ab zur Grünen Au. Hast du das verstanden?“ – „Jawohl!“ – „Roe, ich will dir ja wirklich keine Predigt halten, aber das ist schon das dritte Mal in diesem Monat! Willst du dir nicht endlich ein Smartpho…“ DUT DUT DUT!

Zum Glück leben wir im 21. Jahrhundert und müssen nicht mehr andere Menschen nach dem Weg fragen!

Autor: roerainrunner

https://roerainrunner.wordpress.com

16 Kommentare zu “79 | Google me

  1. Wenn du da zu oft anrufst, könntest du daraus ein Fitness-Programm entwickeln. Dein neuer Trainer wird dich viele Rundwege laufen lassen, treppauf-treppab, kreuz und quer. 😀

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  2. Wie wäre die Anschaffung eines gedruckten Stadtplans?Eindeutig äusserst vorteilhaft. da kann man sogar herausbekommen, was zu tun ist , wenn der projektierte Weg durch Stau oder was auch immer nicht passierbar ist. ich habe genau wie Du kein Smartphone, dafür gedruckte Landkarten undd Stadtpläne, sehr empfehlenswert..
    Schönes WE
    LG Wortgestoeber

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    • Zu Stadtplänen kann ich dir eine lustige Geschichte erzählen:
      Auf mich kamen einmal Menschen zu, die eine touristisch angehauchten Eindruck machten. Sie hielten mir einen Stadtplan unter die Nase und fragten verzweifelt, wo sie denn wären und wo sie hinmüssten, wenn sie zu Ort X möchten. Ich schaute mir den Stadtplan an, drehte ihn einmal herum, lachte dann und zeigte mit dem Finger 2cm ÜBER die Karte in die Luft und meinte „Sie sind hier. Ihr Stadtplan zeigt das nicht mehr…“

      Ich gebe zu, Stadtpläne, besonders diese in Buchform, machen mir Angst. Die falte ich einmal auseinander und bekomme sie nie wieder zusammen 😀

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  3. hüstel, ich zücke mein Smartphone und mein Mann darf mit Karte durch die Pampa laufen ,oder auch nicht. Meistens schreit er dann : nun frag doch mal Dein Phon nach dem Weg ! Ich verweigere mich ihm ! Riegeros, kenne kein Erbarmen. Etwas Modernität darf schon sein, oder, liebe Roe ? Etwas. 😉
    Eine schöne Geschichte zum schmunzeln.. Danke.

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    • Ich würde mir manchmal ein Smartphone wünschen, wenn ich irgendwo stehe und etwas in der Stadt sehe, dass mir gar nichts sagt. Dann einfach mal Googeln können, wäre toll. Aber ich schreib mir sowas auf und google es daheim 😉

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  4. Solange es so klappt, brauchst du tatsächlich kein Smartphone 😀

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  5. Guten Morgen liebe Roe, ich hab gehört die Walachei soll wirklich ganz hübsch sein (du hast vergessen zu erwähnen wo die liegt) und ich finde deinen analogen Routenplaner wirklich klasse! Ich habe einen mit einer weiblichen Stimme (war doch klar oder?) den ich aber vorsichtshalber nie in Anspruch nehme um a) mein Gesicht nicht zu verlieren und b) ich nicht weiß wieviel mich der Service kostet, da ich noch einen alten Vertrag habe (Ehe) und ich fürchte mir das nicht leisten zu können. Ich bewundere Menschen wie dich, die es schaffen ein geladenes Telefon mit sich zu führen, da mein Knochen stets leer auf dem Kühlschrank liegt, fuselfrei eingespackt und ohne jegliche Gebrauchsspuren 😀 Hab einen dollen Samstag und vergiss dein Handy nicht, wenn du raus gehst 🙂

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  6. Das könnte auch ich sein. Ich habe einen Orientierungssinn wie ein Backstein, selbst in Gegenden wo ich schon 100 mal war. In einem anderen Jahrhundert wäre ich aufgeschmissen

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