Roe Rainrunner

Rainrunning at its finest

82 | Quo vadis?

27 Kommentare

Er hat mich verlassen!
Mein Staubsauger hat sich im Alter von nur 30 Jahren dazu entschlossen, den bevorstehenden Umzugsstress mit mir nicht (abermals) mitzumachen und ist in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Einfach so!
Nunja, genaugenommen hatte er sein Ableben zuvor angekündigt, lautstark und olfaktorisch…

Der Staubi war ein Second-Hand-Gerät mit nicht-passendem Fuß, weswegen dieser vom Vorbesitzer kurzerhand angeschweißt worden war. Die letzten Monate durfte ich den Anschalt-Knopf nicht mehr betätigen, da er dann für fünf Minuten erstmal gar nichts mehr machte. „Steckerziehen“ war das neue Abschalten…
Zum Schluss gab der Staubi derart verwunderliche Geräusche von sich, dass ich im Nachgang vermute, seine Mutter war ein Laubbläser und der Vater ein Schlagbohrer.
Ruhe in Frieden. Aber Ruhe, verdammt!

In unserer letzten trauten Zweisamkeit wurden wir von Freunden gestört, die mir einen PC vorbeibrachten. Ich hatte die Türklingel aufgrund des infernalischen Lärms erst gar nicht hören können. Bei der Begrüßung meinte ich dann entschuldigend: „Tut mir leid, dass es hier drin so übel nach Großbrand riecht, ich staubsauge gerade“ (Sätze, die man in seinem Leben auch nicht allzu oft sagt).
Beim anschließenden Weitersaugen röhrte und knatterte es, als hätte ich mal wieder versucht, einen unliebsamen Mitmenschen loszuwerden und der Laubhäcksler wäre durch Knochen blockiert… Nachdem der aus dem Staubsauger aufsteigende Geruch meine Hoffnung begrub, dass er wenigstens noch bis zum Umzug durchhält, saugte ich in Lichtgeschwindigkeit die Wohnung fertig.
Das war es dann mit uns, es ist aus!

Wenn man ein neues Elektrogerät benötigt, das man nicht spontan beim Discounter der Wahl kaufen kann, landet man schnell im Online-Shop mit dem kleinen a.
Nach dem Durchforsten der Produktbeschreibungen wurde mir auch endlich klar, wer dafür verantwortlich ist, dass Teppichböden aus der Mode gekommen sind: Es waren neumodische Staubsauger, deren Saugkraftklasse D nicht mehr ausreicht, um wuschelige Vorleger sauberzuhalten…

Viel erstaunlicher als die Produktbeschreibungen finde ich jedoch die Rezensionen. Da bewertet die Hausfrau von Welt einen Stiel-Staubsauger mit drei Sternen und kommentiert, man müsse sich zum Saugen der Gardinen das Gerät wie ein Ghostbuster um den Körper schnallen. Ja, Hallo?! Allein die Tatsache, dass man durch diesen Staubsauger eine Ausrede hat, als mündiger Erwachsener einfach mal Ghostbuster spielen zu können, ist ja wohl mindestens fünf Sterne wert!
Und überhaupt: Wer saugt eigentlich Gardinen? Als ich noch jung war („Mama Mama, Oma erzählt schon wieder Geschichten vom Kalten Krieg!“), ALS ICH NOCH JUNG WAR, gab es etwas, das hieß „Frühjahrsputz“. Da polierte man Fenster schlierenfrei, wusch Küchenschränke aus und taute – da man noch ohne „No-Frost-Funktion“ dahinvegetierte – den Gefrierschrank ab. Und natürlich stopfte man bei der Gelegenheit auch die Gardinen in die Waschmaschine. Das Tolle an denen ist doch, dass sie nicht getrocknet oder gebügelt werden müssen, man wirft sie nach dem Waschgang halbtrocken (der Waschmaschinen-Werbespot nennt es „Restfeuchte“) über die Gardinenstange und lässt sie da genau so bis zum nächsten Jahr. Und falls zwischenzeitlich doch mal Staub dran sein sollte, legt man unten kurz Hand an und schüttelt die Gardine kräftig durch. Den Rest erledigt die Erdanziehungskraft (danke Newton).
Von daher: Gibt es eine ICD-Diagnose für Menschen, die den Drang verspüren, Gardinen zu saugen?
Zugegeben, man sollte auch außerhalb des Frühjahresputzes hier und da mit dem Lappen durchgehen. Wenn mal wieder ein Schwarm Riesenkondore auf dem Rückweg vom Süden die heimischen Fenster blickdicht zugeschissen hat, muss eben die Großpackung Glasreiniger dran glauben. Aber auch das ist für mich noch kein Grund zum Saugen von Sicht-Textilien!

Mit beutellosen Staubsaugern kann ich mich übrigens gar nicht nicht anfreunden. Ja natürlich, sie sind umweltfreundlicher. Allerdings fällt in meinem Single-Haushalt in der Regel ein Staubbeutel pro Halbjahr an (keine kleckernden Kinder, keine haarenden Haustiere und die Wohnung ist winzig).
Ich habe einfach schlechte Erfahrungen gemacht: Mit meinem ersten, letzten und einzigen beutellosen Staubsauger – da muss ich 17 gewesen sein – saugte ich 86 Mal über ein auf einem Vorleger befindliches Haar. Und es blieb dort. Ich habe das Haar sogar hochgehoben, um sicherzustellen, dass es nicht am Teppich eingeknotet oder festgeklebt ist. Dann legte ich es wieder hin und saugte weitere 47 Male darüber. Es blieb dort. Gemäß logischer Konsequenz flog der Vorleger in den Müll, da er als unsaugbar galt (siehe Kapitel „Das Aussterben der Teppiche“ zu Beginn dieses Artikels!). Aber dieses winzige Saugmonster, genannt „Staubolino“, konnte nicht mal einen Staubfussel vom PVC saugen, wenn er direkt unter ihm lag (wenn’s um Haushaltsgeräte geht, sollte man eben nichts kaufen, das niedlich klingt…)
Auch die Reinigung des Auffangbehälters (man sollte meinen, wenn das Ding nichts einsaugt, kann da auch nichts drin sein) gestaltete sich als schwierig: Staubolino brüstete sich damit, „milbenfrei rein“ zu saugen. Als ich im Behälter feinen roten Sand fand, dachte ich mir daher „Scheiße! Mil-ben-schei-ße!!!“ Und genau jener roter „Sand“ spritzte dann beim Auswaschen des Filters überall im Bad herum, welches ich an dem Tag hatte gar nicht putzen wollen…
Ich war stinkwütend und zeigte zugleich tiefes Bedauern über den Verlust meines Vorlegers, warf im Racheakt den Staubolino in die Tonne und erwarb aus zweiter Hand jenen Schlagbohr-Großbrändler, der mich ja mittlerweile verlassen hat.
Kurzum: Ich habe seit den Staubolino-Erlebnissen schlimme Vorurteile und bin ein Fan von Beutelratten.

Ich wühle mich weiter in der Online-Auswahl durch eine schier endlose Liste von Staubsaugern, die wie High-End-Operationsgeräte aussehen.
Wer kam eigentlich auf die Idee mit den Akku-Staubsaugern? Acht Stunden Aufladen für 15 Minuten Staubsaugen. Und wehe, der Saug-Vorgang dauert mal eine Minute länger, dann stehste danach neben der Ladestation und wartest verzweifelt. Besuche müssen verschoben werden, eh schon angepisste Schwiegermütter erklären ihrem Nachwuchs den Krieg und am Ende wird doch wieder der Handfeger ausgepackt, während das teure Saug-Gerät ironischerweise in der Ecke verstaubt…

Ich möchte also einen beuteligen Staubsauger mit Stromkabel.
Aber welche Bauart? Einen Stiel-Staubsauger, der aufgrund seines Eigengewichts das Fitness-Studio ersetzt? Oder doch wieder ein traditionellen Staubsauger, den man hinter sich herschleift wie ein Mafiosi einen Leichensack?

Vielleicht prokrastiniere ich noch etwas. Wenn ich über die sich in meiner Wohnung auftürmenden Dreckberge stolpere, wird die Entscheidungsfreudigkeit bestimmt größer werden…

 

Autor: roerainrunner

https://roerainrunner.wordpress.com

27 Kommentare zu “82 | Quo vadis?

  1. Naja, irgendwann ist es halt ein Abschied, dafür darfste wieder shoppen gehen… Miele hält für die nächsten 30 Jahre. Meinen Miele habe ich Zwangsverrentet. (nach 20 Jahren Schwerstarbeit ) aber inzwischen brummt er, wiederbelebt, beim Schwager. Beschwerden über die Lautstärke gab es auch schon 😉
    Viel Spass beim Einkauf

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  2. Bitte mehr Hausfrauenfachsprech. Voll spannend 😀

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  3. Diagnose für Gardinensauger – suizidgefährdete Geldbeutel? …

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  4. Miele ist zumindest als Staubsauger gar nicht so teuer. Ich hab einen, und find ihn sehr saugkräftig, viel saugkräftiger als die nonames vorher. Vorausgesetzt man tauscht alle anderthalb Jahre den Beutel aus.

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    • Hast du denn eine Beutelstandsanzeige?
      Bei meinem Staubi – er ruhe in Frieden – war sie j kaputt, deswegen hab ich das auch regelmäßig vergessen. Aber es kommt der Punkt, da denkt man, sie gehen kaputt, weil sie gar nicht mehr saugen – und dann fällt einem der Beutel ein. 😀

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  5. Hier mal aufdringlicherweise ein Beitrag von mir zu alten Geräten https://zwischenraunen.wordpress.com/2017/06/13/hahamachine-big-talk/
    Schmeiß den Kommentar raus, wenn du das nicht willst.

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  6. Was mich betrifft, nur noch beutellose Staubsauger. Allerdings besitze ich keine Teppiche 😀

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  7. Danke für Deinen witzigen Artikel! Während mein Mann nur mit dem feinen, supi-dupi Zyklon-Power-Teil von Dyson am Wochenende selbstverständlich, natürlich ,,seinen Anteil“ Hausarbeit erledigt, indem er aus seinem Arbeitszimmer zwei Krümmelchen mit akribischen Tamtam aufsaugt, liebe ich den groben Laubsauger, der alles was ihm vor´s Rohr kommt, hungrig wegputzt und den man nicht im Minuten-Takt leeren muss!! Bonbonpapiere, Krusten der Gummistiefel und auch Hundehaare, mit denen man ein Kopfkissen füllen könnte, wenn man nichts gegen ein leichtes,,Hundedüftchen“ hätte …. Naja, musst Du Dir halt überlegen…Jedenfalls en superschönes, nicht zu staubiges Wochenende, Nessy
    http://www.salutarystyle.com

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  8. Moin Roe, icvh emphele ohnehin Gardinen, welche einfach mit dem Kärcher sauber gehalten werden können und Duschvorhänge geben dem Wohnzimmer ein besonderes Flair, aber ich schweife ab. Dein Dinosaugier war sicher nicht defekt, sondern wollte lediglich nach 30 Jahren mal selbst entstaubt werden, also aufschrauben, sauber machen und die nächsten 30 Jahre in Angriff nehmen. Unser Staubsauger ist ein rotes Monster mit so viel Watt, dass man ihn besser nicht an eine Mehrfachsteckdose anschließt 😀 Da wir aber keine Teppiche haben, bin ich fast sicher, dass dieser bis zu meinem seligen Lebensende funktioniert 😉

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  9. Ich schwöre seit Jahren auf einen beutellosen Philips Staubsauger.
    4 Filter, leicht zu reinigen und regulierbare Saugkraft.
    Nach 2 Dirt Devel, die innerhalb eines Jahres kaputt gingen, bin ich sehr von der Möhre überzeugt.

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  10. Noch sparsamer und handlicher wäre ja ein Besen?! Lach

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    • Ich habe in der alten Wohnung Dielenboden mit tiefen Rillen. Da muss jemand den Staub rauslutschen, das kann nur ein Staubi 😀
      Ich gebe zu, Besen sind nicht so meins. Ich habe immer das Gefühl, die schleudern den Staub nur rum. Aber ja, viel leiser, billiger, handlicher und definitiv ohne Akku 🙂

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  11. Nachdem mein letzter Staubi mich brennend verlassen hatte (gut, war meine Schuld, war zu dicht am Kamin) habe ich auch eeewig gesucht, bis ich ein halbwegs passables Teil gefunden hab. Schlussendlich hat die Notfall-Baumarkt-Zwischenlösung gewonnen. Obwohl sie beutellos ist! Aber der hat immerhin ansatzweise zufriedenstellende Saugleistung und ein halbwegs langes Kabel, dass ich in meinem Altbau nicht alle gefühlten 5 Meter in eine andere Dreiersteckdosenverlängertesteckdose umstöpseln muss.
    Zwischendurch habe ich sage und schreibe 4 Staubsauger in Fachgeschäfte zurück gebracht. Man gewöhnt sich den Scham recht zügig ab, wenn man sauer ist. Saugen die den Verkaufsabgenutzen Teppich noch ganz passabel im Laden, streichen die bei mir die Segel. Dabei habe ich nichtmal überall Teppich. Nur etwas Kindergekrümel, Hunde- und Pferdehaare und vereinzelt etwas Stroh. Nichts unlösbares, sollte man meinen. So brachte ich die Teile mit mindestens halbvollem Beutel zurück. Merke: je teurer der Sauger desto minimaler die Leistung.

    Ich bin übrigens zum Feinkost-Albrecht-Gummibesen umgestiegen. Der ist Mega!
    Staubsauger ist nur noch für die Ecken, wenn mal Besuch kommt und natürlich zum Spinneneilauszug. Auch da zahlt sich übrigens hohe Saugkraft aus!

    Viel Erfolg bei der Suche 🤗

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    • Ich habe auch ewig Rezensionen im Internet gelesen. Brauchbare Staubis gibt’s scheinbar kaum noch…
      Besen sind wegen der Rillen zwischen den Dielen keine Lösung für mich gewesen, da hätte ich den Dreck immer von Dielenbrett zur nächsten Rille geschoben (wobei man den Dreck so natürlich auch los wird – zumindest optisch).
      Ich habe mich für einen Stielsauger entschieden, der sich an Teppichen richtig festfrisst. Gutes Ding 🙂

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