Roe Rainrunner

Rainrunning at its finest

88 | The future is now

38 Kommentare

… and it’s stupid!

Heutzutage gibt es überall Touchscreens, sogar in Kaffeemaschinen werden die Dinger schon verbaut.
Ja natürlich, für Design-Liebhaber und andere Ästheten ein absoluter Traum.
Nur ist es mit der Technik wie mit den Männern: Was hilft’s mir, wenn’s gut aussieht aber nix taugt?!

Cheffe tippt auf seinem Smartphone herum. Genaugenommen tippt er nicht, er wischt. Trotzdem höre ich: „Dut dut, dut, dut dut, dut“ Ich blicke genervt auf und fauche: „Was tutet denn da?!“ – „Tastentöne“, folgt die gelangweilte Antwort. „Smartphones haben doch gar keine Tasten!“ – „Ja, aber ich brauche das als haptisches Feedback!“ Und ich dachte immer, das „Feedback“ wäre, dass ein Buchstabe erscheint, nachdem man die entsprechende Stelle auf der Smartphone-Tastatur berührt hat… Ich rolle mit den Augen und knurre: „Ich verpass dir gleich mal haptisches Feedback!“

Bevor ich ausholen kann, geht die Tür auf. Unser Admin tritt ungefragt herein. „Ich hab hier ein neues supermodernes schnurloses Touchscreen-Headset. Roe, teste das doch mal.“ Als Head of Support komme ich in den (manchmal äußerst zweifelhaften) Genuss, alle möglichen Dinge ausprobieren zu dürfen (müssen). Ich warte noch auf den Tag, wo die IT mich eine Handgranate „testen“ lässt, weil ich zu oft über das langsame Netzwerk gemeckert habe…

Bereits nach nur zwei Stunden ist das sonderbar wirkende Folterinstrument installiert. Es gibt eine Basis-Station, welche – wie sollte es heute anders sein – via Touchscreen bedient wird. Auch am Headset gibt es Touchscreenähnliche Funktionen. Früher hat man dank Tasten direkt sehen können, was wo wie geschehen wird. Heutzutage berührt man eine glatte Oberfläche und plötzlich passiert irgendwas. Ich warte ja noch drauf, dass Smarthomes sich soweit entwickeln, dass ein Touchscreen im Parkett eingelassen wird: „Biste mit dem falschen Fuß aufgestanden?“ – „Wieso, hat sich die Heizung wieder eingeschaltet?!“
Ich bekomme ein seltsam anmutendes Gebilde auf den Haarwuschel gedrückt. Aluhut-Fans wären begeistert. „Mach mal“, folgt das knappe Kommando. Ich rufe testweise den Kollegen im Nachbarbüro an. „Hallo, sag mal…“ DIDIDUT „…hast du…“ – „Hallo? HALLO?“ – „Ja, hallo, kannst du mich…“ DIDIDUT „…noch hören?“ – „Jetzt wieder“ – „Ich teste gerade…“ DIDIDUT „…das neue Headset und…“ – „Hallo??“ Ich drehe mich irritiert zum Admin: „Wieso piepst es immer? Morst es geheime Botschaften??“ Admin kratzt sich am Kopf: „Laut Basis-Station ist die Stummtaste aktiviert…“ Er blättert im Handbuch und findet heraus: Am Headset gibt es eine Touchfunktion zur Stummschaltung. Und scheinbar aktiviert sich diese einfach selbst, wenn ich den Kopf blöd zum Fenster drehe und Sonnenlicht darauffällt. Cheffe – wie immer lösungsorientiert: „Wir können ja die Jalousien runtermachen?!“ Ich rolle mit den Augen. Admin brummelt und schimpft, wie etwas, das so teuer ist (über 250 EUR!), so grundlegende Fehler haben kann. Ich hingegen will es unbedingt behalten, da die Kundengespräche so zukünftig sicherlich einen viel höheren Unterhaltungswer… „NICHTS DA, WIR BAUEN DEN SCHROTT WIEDER AB!“ Pah!

Und obwohl ich eine ärztlich bescheinigte Smartphone-Intoleranz habe, gibt es auch in meiner Welt Touchscreens. Haltet euch fest, meine Waschmaschine wird über eines bedient. Die Waschmaschine steht in meinem kleinen Quadrat-Bad genau gegenüber vom Waschbecken.
Als ich mir letztens das Gesicht waschen wollte, höre ich hinter mir „Bidibut!“ und schrecke schäumend vom Waschbecken hoch. Ich drehe mich verstört um und stelle fest, dass sämtliche Einstellungen des gerade aktiven Waschgangs geändert sind. Flugs korrektur-gewischt. Schnell wieder dem Waschbecken zugewandt, um die bereits im Auge brennende Reinigungslotion aus dem Gesicht… „BIDIBUT!“ Was zum Henker?!
Die Waschmaschine steht schlicht so nah am Waschbecken, dass ich beim Vornüberbeugen mit dem Po den Touchscreen bediene! Und bevor böse Zungen behaupten, mein Hintern wäre einfach zu dick, möchte ich den besten aller Männer zitieren, der meiner Rückseite ausgezeichnete Qualitäten bescheinigt.
Interessant an dem Po-Unfall ist, dass der Waschmaschinen-Touchscreen üblicherweise nur auf meinen linken Daumen reagiert (alle anderen Finger erzeugen keine Reaktion). Jetzt fragt bitte nicht, was mein linker Daumen und mein Po gemeinsam haben!
Ich sehe schon die zukünftigen Bedienungsanleitungen: „Bitte twerken Sie das gewünschte Waschprogramm ein.“

Ich möchte bitte die Wählscheibe zurück!

Autor: roerainrunner

https://roerainrunner.wordpress.com

38 Kommentare zu “88 | The future is now

  1. Endlich kann ich wieder breit grinsen……Du hast gar keine Vorstellung, wie sehr mir Deine Texte gefehlt haben.😂
    Stell Dir vor, demnächst haben diese Touchscreens AI und schnauzen Dich an, wie oft willste noch den falschen Finger benutzen.😂

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  2. Schön, wieder etwas von Dir zu lesen..
    Ha, mal wieder gelacht,
    Mit diesem Gewische und getapppe und geklacke, hat es mein Männe auch nicht so ( könnt Euch zusammen tun) er wünscht sich auch manchmal die Wählscheibe zurück, ich nicht!
    Danke, für Deinen erfrischenden Büroalltagsbericht.
    Schöne Zeit

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  3. Die neueste Technologie ist nicht immer Fortschritt.
    Aber warten wir es ab, was uns die künstliche Intelligenz so bringen wird ….

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  4. Meine Waschmaschine reagiert auf Hemdzipfel…

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  5. Schmunzel … Touchscreens sind eben gefühlvoll, Technik mit Gefühl für gefühlvolle Menschen(teile) 😁
    Fein erzählt!

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  6. Guten Morgen liebe Roe, hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau, die mit den Augen rollt! Du gehörst damit der höchsten Kategorie der weiblichen Spezies an und müsstet dafür eigentlich mehr Lohn bekommen 😉 Bei uns ist touchscreenfreie Zone, denn ich kann die Flecken auf den Dingern nicht leiden. Sieht immer irgendwie eklig aus. Kürzlich habe ich für den Notfall das Smartphone meiner Frau mitnehmen müssen (mein Handy war wie immer leer), aber ich konnte dem Monstrum absolut nix entlocken. Dr Bildschirm blieb schwarz und stumm. Immerhin hat dann unser Wagen den Anruf entgegen genommen, was ich eigentlich noch gruseliger finde! Hast du eigentlich mal deinen Po auf Fingerabdrücke untersuchen lassen? Übrigens hätte ich gerne mal gelesen, wie die Reklamation von dir an den Waschmaschinenhersteller lautet 😀 Hab einen munteren Mittwoch!

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    • Uh, die Flecken, Fingerabdrücke und der Schleim (jaha!!!) auf Touchscreens sind wirklich widerlich. Mein Seniorenhandy lässt sich mit feuchten Allzwecktüchern reinigen, beim Smartphone hätte ich Angst vor dem Totalausfall nach so einer Behandlung.
      Die Frage wäre, ob mein Po meine Fingerabdrücke hat oder welche von anderen Leuten *schielt zum besten alle Männer* Ich seh mich schon bei der Polizei hocken und mir den Hintern pudern lassen, um herauszufinden, wer sich da alles verewigt hat!
      Die Rezension… „Touchscreen lässt sich mit allen Körperstellen bedienen, nur nicht mit den Fingern. Abdrücke nicht-jugendfreier Körperteile inklusive…“? 😀
      Dir auch einen schönen Tag 🙂

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  7. … ich wollte den Waschvollautomaten meines Lebens… Kaschmir und Seide sollten seine Geliebten sein… Baumwolle die best Buddy’s … Sexualindifferent… No Problems… ich streichele Sie, Er, Es jeden Tag… der Verkäufer war ein enttäuschter Mann nachdem ich mitteilte… Waschmittelumweltdiät behalte ich im vorsorglichen Griff… habe dich vermisst Roe ╰(*´︶`*)╯

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  8. Liebe Roe, Du hast wirklich gefehlt.schön , das Du wieder da bist.
    Wo bekommt man ein Telephon mit Wahlscheibe? Ich kaufe es unbesehen sofort.
    LG Wortgestoeber

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  9. Mau Touchscreen ist prima, manchmal geht der auch mit Katerpfoten, dann kann ich die Herdplatte von klein auf groß oder umgekehrt umstellen…..hihihi da wird Frauchen immer ganz schön sauer..
    Schnuuur Dein Felix

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  10. Die Roer ist wieder mal da!
    Hoffentlich gibt deine Waschmaschine ihre Info über deine Poqualitäten nicht an andere Haushaltsgeräte weiter!

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  11. Ja, in der Tat. Ich stehe, auch Altershalber, zugegeben, auf Tasten. Klick – ein. Klick – aus. Touchscreen heißt: Berührungsempfindlich, ja, macht gern mal (wie die Waschmaschine) einen auf überempfindlich. Dann aber, wenn ich was will – wird das Signal nicht angenommen oder halt so ein klein bißchen falsch und daneben. Besonders wenn das irgendwas wie ein Navi im Auto ist. Klar, ich soll möglichst auf einer Zweispurigen stehenbleiben und das nicht während der Fahrt bedienen, nur weil es irgend etwas anzeigt, was ich gar nicht wollte!
    Wisch und weg wird aber bald durch die geniale Sprachsteuerung abgelöst. Die kaum jemanden versteht, aber dafür sämtliche Umgebungsgeräusche mitinterpretiert.
    Knöpfe und Drehregler. Was war denn daran falsch?

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  12. Nr. 43, Innovationsstau. Bei meinen Geschichten. Obwohl der Touchscreen da keine Rolle spielt, soll ja auch in einer nicht mehr fernen Zukunft spielen.
    Und ja, ich halte vieles im Alltag, auch im gewöhnlichen Arbeitsalltag für reichlich sinnfrei. Und es ist eigentlich egal, wo ich hinschaue. Das gilt natürlich auch für sozusagen hyperoptimierte Arbeitsplätze, denn bei alledem, wir brauchen eine gewisse Distanz zum Produkt.Deshalb stressen ja z.B. Fließbandarbeitsplätze so extrem – dieser Handgriff ist richtig, alles andere falsch.
    Wir brauchen da mehr Freiheiten um uns herum (und wenn es die freizügige Kleidungswahl ist), das ist einfach menschlich. Deshalb bin ich auch hier viel entsetzter, wenn der Computer mal wieder Dummheiten macht, egal wodurch (ich habe da eine gewisse Begabung) verursacht, als dort…

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    • Ich glaube, die Technologie wird sich nicht aufhalten lassen.
      Und in jeder Generation gab es Skeptiker. Die motorisierten Pferdekutschen durften angeblich in der Ortschaft 6 und außerhalb 12km/h fahren. Die „Eisenpferde“ mit 50km/h wurden als rasend empfunden und reihenweise fielen Leute in Ohnmacht.
      Heute wird geflennt, wenn man drüber nachdenkt, die Höchstgeschwindigkeit auf 130km/h zu begrenzen…

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      • Ja, nachdem wir die (freilich nicht nur bremstechnisch nicht ganz auf unserem heutigen Stand befindlichen) Motorkutschen erst mal als Spielzeug der Reichen akzeptiert hatten (es war üblich, Rennen mit Höchstgeschwindigkeit mitten durch die Orte zu fahren, ist noch gar nicht so lang her. Weder bei der Mille Miglia noch auf der Isle of Man) wurden die Karren schnell auch unverzichtbar – bis heute bauen die Firmen hier auf dem Land irgendwo auf billiges, schnell erschlossenes GEwerbebauland ohne vernünftige Busverbindung usw., das U-Bahn Problem haben wir nciht – und ein Auto hat doch jeder, oder?). Und die jährlichen Todesstatistiken selbstverständlich.
        Müßte bloß mal wieder jemand die Leichen auf der Straße und die paar Corona-Toten vergleichen… Der Verkehrsminister wirds nicht tun.
        Und ja, die nächste Generation Technologie läßt sich nicht aufhalten. Wir können uns schon mal an Cyborgs gewöhnen und was es noch alles an Überraschungen gibt. Was dann super toll ist, sofern man die Bedienungsanleitung verstanden hat. Bis auf die paar Ausfälle.

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